In der Studie von „Roland Berger Strategy Consultants“ aus dem Februar 2015 haben wir zum wiederholten Male einige sehr interessante Ergebnisse gefunden, die auch heute noch sehr relevant sind und gleichzeitig in vielen Kreditinstituten kaum Berücksichtigung finden.

Die Digitalisierung verändert den Bankensektor. Aber wie schnell müssen sich etablierte Player im Retail-Banking wandeln – vor allem in welche Richtung? Diese Studie befragt die wichtigsten Entscheider: die Kunden!

In der Studie wären verschiedene Thesen analysiert und valide bestätigt bzw. widerlegt.

Bspw. die These Nr. 1: Richtig ist, dass die Kunden das digitale Banking-Erlebnis einfordern UND zwar unabhängig vom Alter bzw. über alle Altersgruppen hinweg.

„Die Ergebnisse basieren auf einer Typologisierung der Kunden anhand von Präferenzen, Verhaltensweisen und demografischen Daten. Es lassen sich sechs Kundensegmente bilden – und schließlich positionieren, indem deren Digital-Affinität und Banking-Relevanz in einem Schaubild abgetragen werden.

Die drei Segmente Digital Trendsetters, Digital Followers und Digital Wealth Managers lassen sich zur Gesamtgruppe der Digital-Affinen zusammenfassen. Durch ihre Größe und ihr Einkommensniveau stellen sie die mit Abstand interessantesten Kunden im digitalen Retail-Banking dar.

Auffällig ist: Die Altersspanne erstreckt sich von gutverdienenden Mittzwanzigern bis hin zu beruflich etablierten Männern und Frauen in den Vierzigern und Fünfzigern.

In der Studie werden zwei weitere interessante Kundensegmente sichtbar, die zusammen immerhin 40% der Bevölkerung beziehungsweise 33% des Gesamteinkommens in Deutschland repräsentieren: die Young Traditionalists und die Established Conservatives.

Erstere zeichnen sich durch eine verhältnismäßig hohe Digital-Affinität aus, allerdings bisher ohne besonderes Interesse an Leistungen des Retail-Bankings. Bei den Established Conservatives verhält es sich genau andersherum. Daher kann die Bank beide Gruppen nicht mit einer gemeinsamen Strategie bedienen, sondern muss sie individuell ansprechen: Bei den Young Traditionalists muss es darum gehen, sie generell an das Banking heranzuführen, die Established Conservatives sind in erster Linie mit digitalen Angeboten vertraut zu machen.

Das Potenzial im digitalen Retail-Banking ist unverkennbar. Umso mehr lohnt es sich für die einzelnen Institute, die eigene Kundschaft zu analysieren, um passende Digitalisierungsstrategien zu entwickeln und umzusetzen.“
Lesen Sie hierzu auch unsere jüngste QIDF-Publikation: „Potentialorientierte Kundensegmentierung im Kontext einer kundenorientierten Omnikanalausrichtung im Privatkundengeschäft“

Wir zitieren bzw. bemühen diese Studienergebnisse in unseren Projekten regelmäßig, da wir in vielen Banken und Sparkassen immer wieder mit der Arbeitshypothese konfrontiert werden, dass wir das digitale Angebot für die jungen Kunden bzw. die einkommensschwachen Kunden umsetzen, da es die einen einfordern und es für die anderen die effizientere Abwicklungsform ist.

Diese Thesen sind fast nie mit Kundenbefragungen bzw. fundierten Analysen untermauert UND führen deshalb oft zum Frust nach Projekteinführungen, da sich die Erwartungshaltung nicht erfüllt bzw. die Ziele nach kurzer Zeit unerreichbar scheinen. Dies sehen wir aktuell auch bei einigen Erfahrungsberichten nach Einführung von „Robo-Advisors“ – aber vielleicht war der Glaube, dass fast jeder zweite Jugendliche monatlich sparen möchte und dies online möglich sein soll, einfach eine falsche Annahme und somit ein Irrglaube.

Wir glauben an die direkte Abhängigkeit von digitaler Affinität (zum Thema: Finanzen), Einkommen bzw. Vermögen und Bildungsniveau. Und damit rückt eine ganz neue Kundengruppe in den Fokus für die digitalen Services bzw. Beratungstools. Damit haben wir es aber auch plötzlich mit einer veränderten Erwartungshaltung zu tun, da diese Kunden ggf. schon zahlreiche positive (digitale) Erfahrungen gesammelt haben, die es auch bei den „Banking-Themen“ zu erfüllen gilt.

Darüber hinaus glauben wir auch an die Unterschiedlichkeit von Kunden, sodass jeder FinGOAL!-Beratungsprozess arbeitsteilig und/oder per Videoberatung genutzt werden kann UND damit omnikanalfähig ist. Eine Blaupause im Sinne von „dieses Tool ist für diese Kundengruppe“ ist weder kundenfokussiert noch sinnvoll. Warum lassen wir nicht die Kunden entscheiden? Dafür müssen aber die technischen Lösungen für die Beratung von Privat- und Gewerbekunden auch in der Lage sein, dem Rechnung zu tragen bzw. die Berater dabei zu unterstützen.

Dass der digitale Reifegrad bzw. die digitale Erwartungshaltung mit dem Einkommen steigt bzw. steigen könnte, haben viele Entscheider aktuell gar nicht „auf dem Schirm“ und das führt auch dazu, dass man bei Anfragen zu dem digitalen Angebot ggf. immer den falschen Kunden vor Augen hat, der diese Frage gestellt hat. Das sieht man teilweise auch sehr eindrucksvoll, wenn man in den Chat-Funktionen der Banken zu diesem digitalen Angebot konkrete Fragen stellt. Neben dieser falschen Annahme (bezogen auf die Kundengruppe), sind aber ggf. auch fehlende Drehbücher bzw. nicht vorhandenes Wissen Grund für diese (z.T.) schlechten Kundenerlebnisse. Damit haben diese digitalen Services das Kundenerlebnis sogar verschlechtert im Vergleich zu früher. Aber genau das darf doch auf keinen Fall passieren bzw. genau das gilt es zu vermeiden.

Je mehr Touchpoints, desto mehr Herausforderungen, um (durchgängig) exzellente Kundenerlebnisse zu schaffen.

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